Kinderchancen und Kinderrechte sind Themen, die die aktuelle Debatte bestimmen. Gerade am Thema Kinderchancen, machen sich aktuell viele Fragen fest: So zum Beispiel die Frage nach der Bildungsgerechtigkeit oder auch der gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern aus einkommensschwachen Familien. Und auch die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ist ein Thema, das in den letzten Tagen intensive diskutiert wurde. So lag es nahe, dass sich der Kinderbeirat der Kinderstiftung Esslingen-Nürtingen aufgemacht, um seine Fragen an die Landtagskandidaten von Bündnis90/Die Grünen , SPD, CDU und FDP im Landkreis Esslingen zu stellen.
Auf Einladung von Lisa Kappes-Sassano, Kuratoriumsvorsitzende der Kinderstiftung, und Brigitte Chyle, Vorsitzende des fachlichen Beirats, stellen zwei VertrerterInnen des 14-köpfigen Gremiums ihre Fragen. Dazu trafen sich Helin (11 Jahre) und Jonathan (13 Jahre) in Videokonferenzen mit Andrea Lindlohr MdL (Bündnis 90/ Die Grünen), Dr. Natalie Pfau-Weller (CDU), Nicolas Fink MdL (SPD) und Dennis Birnstock (FDP). Exemplarisch für die unterschiedlichen Themenkomplexe ist hier der zum aktuell wohl am häufigsten diskutierten Thema nach der Bildungsgerechtigkeit aufgegriffen.
Bildung gilt nach wie vor als wirksamste Investition gegen Armut. Insbesondere Kinder aus einkommensarmen Familien sind jedoch- nicht erst seit Corona - in diesem Bereich stark abgehängt. Deshalb lautet eine der 8 Fragen des Kinderbeirates: Was wollen die Parteien tun um Bildungs-Chancen für Kinder aus einkommensarmen Familien zu erhöhen?
Alle Befragten waren sich einig darüber, dass Kinder nach individuellen Stärken und Fähigkeiten gefördert werden müssen.
Lindlohr ist es wichtig, dass das Bildungssystem auf die Verschiedenheit der Kinder eingeht und individuell fördert. Dafür braucht es auch starke Grundschulen, mit mehr Lehrerinnen und Lehrerstunden. Dafür will sie Sorge tragen, wie auch für mehr Lernförderung in den Kernfächern und gute Angebote für Ganztagesgrundschulen.
Für Fink spielen Lernmittel eine wesentliche Rolle. Er fordert, dass in jeden Schulranzen automatisch ein Tablet gehört. Unabhängig davon aus welchem Elternhaus das Kind kommt. Auch Schulsozialarbeit müsste personell aufgestockt werden. Alles in Allem braucht es eine Multiprofessionalität also eine Berufsgruppenerweiterung an den Schulen.
Pfau-Weller legt besonderes Augenmerk auf die Sprachförderung in der Grundschule, die auch in Form von bilingualer Förderung wichtig und berechtigt sei. Auch positive Vorbilder können ihrer Meinung nach wichtig sein, wenn es darum geht Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass man egal aus welchem Milieu man kommt etwas erreichen kann.
Birnstock zitiert das Motto der FDP, die eine weltbeste Bildung fordert. Dabei soll das vielfältige Schulsystem erhalten und gestärkt werden. Es braucht für jede Schülerin und jeden Schüler die richtige Schule, damit alle richtig gefördert werden.
Die Unterschiedlichkeit der Positionen und deren Argumentationen beeindruckten die Kinderbeiräte. Aus ihrer Sicht hätten die Diskussionen zu jedem der Themenblöcke noch weiter gehen können. Die Situation von Kindern aus einkommensschwachen Familien ist gerade in Zeiten des Lock-Downs und des Homeschooling keine einfache. Helin und Jonathan, die beide auf das Georgii-Gymnasium in Esslingen gehen, kennen diese Situation von Mitschülern. Die Situationen, über die sie aber im Kinderbeirat sprechen, sind allerdings nochmal gravierender. Enge Räumlichkeiten, keine Ruhe zum Lernen, mangelnde Anbindung an die digitale Welt und wenig Unterstützung zuhause, so erleben viele Kinder, die bei der Kinderstiftung beraten werden den Homeschooling-Alltag. Dass ihre Bildungschancen ungleich andere sind als die, der beiden Gymnasiasten, wissen Helin und Jonathan sehr genau. Deswegen ist es ihnen ein Anliegen, die Politiker zu befragen. Hier muss sich aus Sicht des Kinderbeirates gehörig was ändern nach der Landtagswahl. Dass nahezu alle Kandidat*Innen hier einhellig antworten, aber jeder ein bisschen andere Lösungsansätze hat, lässt hoffen.
Die Interviews zum Nachhören finden Sie hier.
Infos zum Kinderbeirat:
Im Kinderbeirat der Kinderstiftung Esslingen-Nürtingen beteiligen sich aktuell 14 Mädchen und Jungen aus dem Landkreis Esslingen im Alter von 9-17 Jahren. Der Kinderbeirat versteht sich als Multiplikator für die Themen Kinderchancen und Kinderbeteiligung. Die Beiräte möchten auf die Situation viele Kinder aus einkommensschwachen Familien aufmerksam machen und beruft sich auf die Kinderrechte, der UN-Kinderrechtskonvention. In seinen Sitzungen fördert der Kinderbeirat Projekt zu diesen Themenbereichen und verfügt eigenständig über ein Budget von bis zu 2.000 EUR p.a.